Welche Rolle spielt das Unbewusste beim Autokauf?

Das Unbewusste bestimmt zu einem nicht unwesentlichen Teil das Handeln bei Kaufentscheidungen. Dass es immer aktiv ist, beweist folgende wissenschaftliche Untersuchung: Menschen können in einer lauten Umgebung, sagen wir auf einer Cocktail-Party

(Cocktail-Party-Effekt), eine bestimmte Information, die sie interessiert oder die sie betrifft (beispielsweise den eigenen Namen) schnell herausfiltern und darauf reagieren. Aber was hat das ganze mit dem Autokauf zu tun?

Die psychologische Reizebene

Dieses Experiment gibt Hinweise darauf, dass alle akustischen Reize nicht nur rein physikalisch aufgenommen werden, sondern auf einer psychologischen Ebene fortlaufend nach ihrer Bedeutung unbemerkt und konstant verarbeitet und beurteilt werden. Viele dieser Entscheidungen werden in Abhängigkeit der Umgebung, in die das Produkt oder die Dienstleistung eingebettet ist, meist unbewusst getroffen.

So kann man annehmen, dass hierzu auch Eindrücke gehören, die durch die Werbung hinterlassen werden, oder die durch die Art und den Aufbau der Geschäftsstelle sowie die Sympathie und Attraktivität der dort arbeitenden Personen hervorgerufen werden. Und zwar nicht nur akustischer Art, sondern sinnlicher im Allgemeinen.

Schotterparkplatz oder edler Showroom – das gleiche Auto?

So wird die wahrgenommene Qualität des Autos, das auf dem Schotterparkplatz nebenan verkauft wird, deutlich schlechter eingeschätzt werden als die Qualität des Fahrzeuges, das beim Vertragshändler im edlen Showroom steht. Auch wenn es (theoretisch gesehen) genau das gleiche sein könnte.

Dass das Unbewusste oft die subjektive Einschätzung und Beurteilung unseres Gehirns manipuliert, unterstreicht ein weiteres Experiment: einer von zwei verschiedenen Gruppen von Testpersonen wurde ein sachliches Bild eines Mittelklassewagens gezeigt. Der anderen Gruppe wurde ein Bild des gleichen Autos gezeigt, allerdings zusammen mit einem attraktiven Mädchen, das keine erkennbare Funktion hatte – außer an der Fahrertüre zu lehnen und nett in die Kamera zu schauen.

Die Testpersonen mussten nach Betrachtung der Abbildung unter Verwendung einer messbaren Skala das Auto beurteilen. Die Gruppe, die das Auto zusammen mit dem Mädchen gesehen hatte, beurteilte es als teurer, ansprechender, aufregender und jugendlicher; gleichzeitig aber auch als weniger sicher als die erste Gruppe. Dabei hatten 90% der Versuchspersonen angegeben, bewusst nur das Auto beurteilt zu haben, ohne sich von dem gut aussehenden Mädchen beeinflussen zu lassen.

Nun, dieses Experiment eröffnet direkte und konkrete Auswirkungen auf die Möglichkeiten eines Händlerbetriebs am Point of Sale, denn auch das Prestige des Geschäfts an sich sowie dessen Umwelt haben Einfluss auf die Produktwahrnehmung. Und das wird auch ganz gezielt so gemacht.

Automobilhersteller und ihre Hostessen – warum?

Auch bei großen Automobilmessen scheint genau dieses Prinzip Anwendung zu finden: um die Fahrzeuge für die übermittelnden Journalisten und dadurch vor allem die Leser oder Zuschauer des jeweiligen Mediums attraktiver, jünger und aufregender darzustellen, posieren von den Herstellern engagierte, gut aussehende Mädchen – sogenannte Hostessen – am jeweiligen Fahrzeug und lassen sich für Pressebilder ablichten. Diese Bilder gehen dann um die Welt – insbesondere bei Produktneuheiten.

Es ist naheliegend, dass der gleiche Effekt auch hier greifen sollte: manchmal scheinen auch einzelne Medienvertreter das Auto an sich zu vergessen und nur noch die Marke mit den gutaussehenden Mädchen im Kopf zu behalten. Ein paar Tage später könnte sich dann auch die Wahrnehmung der einzelnen Produkte bzw. Fahrzeuge dieser Marke ins Positive wandeln und die Berichte über die Autos positiver ausfallen lassen.

.. und, beim letzten Besuch im Autohaus auch wirklich nur die Fahrzeuge ganz nüchtern betrachtet?

 


Benjamin Brodbeck Publicist Automativ Guest Blogger BARE InternationalAutor: Benjamin Brodbeck @automativ

Benjamin Brodbeck ist 24 Jahre alt und studierte Automobilwirtschaft. Momentan befindet er sich in seinem Magister für Publizistik an der Universität Wien. Neben seiner Tätigkeit als Jazz-Pianist bringt er seine Leidenschaft für und sein Wissen von Automobilen in Form und Sprache als Publizist bei AUTOmativ.de zum Ausdruck.


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